Kandidaten mit Diplom-Leerzeichen

In knapp vier Wochen ist Bürgerschaftswahl in Hamburg. Und interessanterweise spielt dabei auch die Berufsbezeichnung der Kandidaten eine gewisse Rolle. Und zwar nicht nur, weil der eine oder andere Wähler angesichts von zweimal fünf zu vergebenden Kreuzchen und langer Kandidatenlisten auch daran seine Entscheidung orientieren könnte, wenn man zwar eine Parteipräferenz, aber keine Ahnung von den Kandidaten hat (Fühle ich mich persönlich einem Studenten oder einer Juristin näher, einer Kauffrau oder einem Lehrer?).

Laut Abendblatt „tricksen Kandidaten bei der Berufsangabe„, um mit einer möglichst renommierten Beschäftigung Eindruck zu schinden.

„Die Landeswahlleitung kann die Angaben zum Beruf der Kandidatinnen und Kandidaten nicht auf inhaltliche Richtigkeit überprüfen“, zitiert das „Abendblatt“ den Wahlleiter. „Die Berufsangabe wird daher nur unter formalen Aspekten überprüft.“

Deren Rechtschreibung womöglich gar nicht. Das berüchtigte Deppenleerzeichen grassiert – gerade bei Kandidaten, die in ihrer Angabe besonderen Wert darauf legen, dass ihnen für ihren Beruf ein Diplom verliehen wurde. Für Sprachpuristen mag das ein weiteres Kriterium der Kandidatenauswahl darstellen. Daher hier eine die Ãœbersicht der Kandidaten der Landeslisten mit falschem (Diplom-)Leerzeichen.

Bei den Berufsangaben der SPD-Kandidaten stehen zwei Fällen von Leerzeichen-Fehlern acht rechtschreiblich korrekte Diplom-Träger gegenüber. Bei der CDU ist das Verhältnis sogar eins zu neun (in diesem Fall ist der Nonkonformist ein „Kreativ Direktor“).

Die Grünen haben den höchsten Anteil falscher Leerzeichen unter den etablierten Parteien und die absolut größte Fallzahl insgesamt (fünf) – auch wenn dieser die gleiche Anzahl korrekter Diplomträger gegenübersteht. Bei der Linken gibt keiner der Kandidaten eine Berufsbezeichnung mit Diplom o. ä. an.

Bei den kleineren Parteien schlagen einzelne Leerzeichen-Setzer wegen der geringeren Anzahl der aufgestellten Kandidaten durch. So sorgt ein „Sped. Kfm. i. R.“ für die miese Quote der Rentner, eine „Diplom Soziologin“ sorgt für den fast ebenso schlechten Anteil bei der Hamburger Bürger-Liste.

Die Partei lässt einen „Diplom Verwaltungswirt“ und einen „Community Manager“ (gut, darüber kann man streiten) kandidieren. Für die AfD treten u. a. eine „Sales Managerin“ und ein „Dipl. Wirtschaftsjurist (FH)“ an.

Bei den Neuen Liberalen gibt trotz sage und schreibe 48 Kandidaten keinen Leerzeichen-Sünder, obwohl es mindestens drei Mal die Möglichkeit gegeben hätte. Auch die Piraten vermeiden falsche Leerzeichen. Jedoch herrscht parteiintern Uneinigkeit darüber, ob man sich „Softwareentwickler“ (zwei Kandidaten) oder „Software-Entwickler“ (ein Kandidat) nennt. Und ein „Software-Ingenieur“ tritt für die Piraten auch an.

Partei Kandidaten insgesamt Schreibweise mit falschem Leerzeichen Anteil falsches Leerzeichen an allen Kandidaten der Liste
SPD 60 2 5.00%
CDU 60 1 1.67%
Linke 17 0 0.00%
FDP 55 1 1.82%
Grüne 60 5 8.33%
AfD 30 3* 10.00%
Piraten 23 0 0.00%
NPD 6 0 0.00%
Partei 20 2* 10.00%
ÖDP 5 0 0.00%
Rentner 6 1 16.67%
Hamburger Bürger-Liste 7 1 14.29%
Neue Liberale 48 0 0.00%

* „Sales Managerin“ und „Community Manager“ wurden als falsch gezählt.

Quelle: Zählung im Muster-Stimmzettel für die Bürgerschaftswahl (offizielle Bekanntmachung der Kandidaten – teilweise horizionales PDF)

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2 Gedanken zu „Kandidaten mit Diplom-Leerzeichen

  1. Welch ein sinnentleerter Artikel.
    Es scheint als gelte auch für Journalisten der Grundsatz: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.
    Zum einen müsste man als guter Statistiker die Fehlerrate in Bezug zu den Berufsbezeichnungen setzen, die überhaupt die Möglichkeit eines „Deppenleerzeichens“ bieten – sprich Komposita sind. Und eben nicht zu der Gesamtanzahl der Listenkandidaten.

    Zum anderen wäre es journalistisch deutlich wertvoller, zu hinterfragen, was es eigentlich bedeutet, wenn nicht überprüft wird, welchen Berufen die Kandidaten nachgehen. Stattdessen kann man sich ja auf das hohe Ross des Herrschers über den elaborierten Codes schwingen und fleißig über andere herziehen.

    Ein letzter Punkt. Wenn man schon ein Diagramm einfügt, dann doch bitte korrekt. Warum auf der y-Achse 1,5er-Schritte angegeben sind kann man sich schon fragen. Philosophisch kann man jedenfalls Dinge nicht nur zu Teilen richtig oder falsch machen. Von daher wären 1er-Schritte wohl angebrachter gewesen.

    Sie sehen werter Autor, wer nach Fehlern sucht, der findet sie auch. Das ist RTL2-Journalismus. Da kann man sich auch jeden Tag an den Unzulänglichkeiten anderer ergötzen um sich selbst ein wenig besser zu fühlen.

    Gratulation.

  2. Den Hinweis auf die Bindestrich-Schreibweise finde ich seltsam, da die deutsche Sprache in Sachen Setzung von Bindestrichen extrem tolerant ist und in den meisten Fällen eine Schreibweise mit und ohne Bindestrich gleichermaßen zulässig ist.

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